Leuchtturmwärter - für 30 Minten

 Auf dem Weg von Lindesnes nach Lista, tief-stehende Sonne, wenig Verkehr auf den Straßen und eine wundervolle Aussicht. Die Sonnenstrahlen tanzen auf der Wasseroberfläche der vielen kleinen Fjorde und die Zeit scheint hier irgendwie langsamer zu vergehen. Ich habe mich erst gegen 19 Uhr entschieden den Ort zu wechseln und wollte eigentlich die Abendsonne zum Fotografieren des Leuchtturm in Lista nutzen, doch irgendwie kam ich davon ab. Überall rund um die Flächen am Leuchtturm stehen Schilder mit dem Verbot des Campens. Gelte ich eigentlich auch als Camper mit meinem Dachzelt? Eigentlich bin ich ein Pkw, naja - der etwas breiter wird, wenn das Dachzelt ausgeklappt ist. Ich verhalte mich aber eher passiv und suche weiter. Ein ganz in der Nähe gelegener Flughafen wurde als Campingarea umgebaut oder ausgewiesen. Nach einer kurzer Fahrt über das Gelände verwarf ich diese Option und die einsetzende Müdigkeit des sonnigen Tages rief förmlich nach der Nacht. Im Hafenbereich wurde ich fündig, kurz per App eingecheckt - und keine 15 Minuten später schlief ich. Bis - naja bis - der freundliche Mitarbeiter der städtischen Geländebetreuung seinen benzingetriebenen Boliden gleich neben meinem Dachzelt startete. Natürlich in der Manier, dass man Gasstöße gibt, wie man das ja von den Kantentrimmern kennt. Es war Punkt acht Uhr und ER hatte entschieden, dass meine Nacht jetzt um ist. Er wollte aber auch nicht aufhören. Einem elektrischen Kantenschneider hätte ich den Stecker ziehen können, aber nicht ihm. Einsam und zielstrebig wurde jeder einzelne Halm getrimmt und ach - wir gehen noch einmal einen Schritt zurück, da stehen noch zwei Halme. Ironie Ende! Es war ein bisl lustig, denn zwei benachbarte Campermobile - also deren Bewohner konnte ihr Frühstück nicht wirklich genießen. Eine kurze Pause nutze ich um eine Sprachnachricht abzusenden - aber falsch gedacht - kurz vor dem Ende tauchte der Trimmer gleich hinter meinem Auto auf und ich brach die Nachricht ab. Kein Mitleid bitte, aber das Ganze hatte etwas von Slapstick und ich musste innerlich lachen. Der sonnige Morgen wendete sein Gesicht binnen von Minuten. Meine kleine Camperküche von Boxio musste schnell verladen werden, das Dachzelt zusammengepackt und alles verstaut werden. Geschwind fuhr ich zum Leuchtturm Lista, schaffte es nur halbdurchnässt zum Einlass, bezahlte meine 150 NOK und bekam einen Schlüssel in die Hand gedrückt. Ich war mir nicht sicher, ob ich mich richtig ausgedrückt hatte, ich wollte zum Leuchtturm und nicht zur Toilette. Aber da lag ich falsch. Als Besucher zum Leuchtturm bekommt man einen Schlüssel. Ich hatte den Turm ganz für mich alleine - also ich war der Leuchtturmwärter für 30 min, denn so viel Zeit bekommt man mit. Ganz schön sportlich die Treppen dort hoch. Beim Kleinen Preußen lacht man über die 10-15 Stufen - hier waren es ... ich habe sie nicht gezählt. Ich war abgelenkt vom Winkel der Stufen, die eigentlich den Namen Leiter verdient hätten. Im Eingangsbereich lief ein Trockengerät, es roch feucht in dem Turm. Schon unten im Eingangsbereich konnte man ein Geräusch hören, das ich im Leuchtturm Lindesnes gehört hatte. Der Motor der das Leuchtfeuer dreht. Der Weg nach draußen führte über eine kleine Eisentür und es war sehr rutschig da oben und die Sicht - naja - ich hatte ja den Wetterumschwung schon beschrieben. Ich war da - sagen wir mal. Auf dem Weg weiter nach Egersund wurde ich dann etwas nervös. Die Küstenstraße entlang der Nordsee nordwärts hatte einen längeren Verlauf als gedacht und die Reichweite schien sich der zu fahrenden Distanz anzupassen und das ist definitiv nicht gut. Hier setzte ein Gefühl von Unbehaglichkeit ein. Schaffe ich das? Was mache ich eigentlich wenn nicht? Und warum zeigt mein Navi mir Tankstellen an und keine Ladesäulen? Ganz einfach es gab erst einmal weit und breit keine!  Als die Batterieanzeige bei 20% angekommen war wurde mir langsam warm, aber nicht vor Freude. Und dann passierte es. Ein mir bekanntes Symbol tauchte auf dem Navi auf. Wäre ich Seefahrer hätte ich wahrscheinlich gerufen: Land in Sicht. Die Anzeige symbolisierte zwei freie Ladesäulen von sechs und genau so war es. Warum erwähne ich dies so ausführlich? E-Mobilität macht etwas mit einem. In der einen Minute fahre ich noch ganz gechillt und entspannt und im nächsten Moment Kopfkino. Das kannte ich nur von Momenten, wo die Reichweite meines Benziners NULL anzeigte und ich mir sicher war - die Tankstelle in 20 km schaffe ich noch. Beim E-Auto ist das glaube ich anders. Wenn er steht - dann steht er.

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